Juri W. Lenzen

Malerei — Lyrik – Bildhauerei

Lyrikauswahl

Gedichte, Texte, Aphorismen

1992, Herchen Verlag
ISBN 3-89184-117-5

Rezension zu “LIEBE IST FLAMME“
Das neue Buch von J.W. Lenzen

‘Wie kommt ein Maler zum Wort? Ist es der “Keim von Verwegenheit“, der nach Goethe in jedem Künstler liegt und den Fähigen vor einseitiger Beschränkung bewahrt? Goethe konnte es wissen, er war Dichter und ein wenig auch Maler.

Maler sehen anderes : schlaflose Teiche, Tage in Violett — Dichter sehen anderes den Traum hinter geschlossenen Lidern, das heiße Herz des Weisen, den Abgrund im Selbst.

Die Gedichte des vorliegenden Bändchens stammen von einem Maler, der, was er gesehen und erlebt, ins. Medium der Sprache transponiert hat. Im Malerischen, so scheint mir, liegen die Wurzeln, sogar da, wo der Dichter sich als „Unzeitgemäßer“ zu erkennen gibt, wo er zum Kritiker unserer Zeit, ihrer Lebensformen und Anforderungen wird und als Kritiker der Kritik noch deren modischen Charakter entlarvt.

Vom malerischen Grund ausgehend werden Bereiche erschlossen, die dem Auge allein nicht mehr zugänglich sind, sondern dem Denken und dem Gefühl, und die die Einstellung dem Leben gegenüber bestimmen. Es geht um die großen Themen des Menschseins : um das Leben als dauerndes Unterwegssein, anderen Menschen begegnend — anders formuliert : um den Weg als Ziel und die Liebe als Mitte des Lebens.

Leben ist für J. W. Lenzen beständiges Werden, unaufhörliche Veränderung, dauerndes Überschreiten von Grenzen. Biologisch ist ihm ein Vergehen zugeordnet, der Tod, den es als Ende des Lebens zu akzeptieren gilt, aber nicht im Leben : dort würde er sich als Verkrustung, Lähmung, Erstarrung zeigen.

Das sind persönliche Zeugnisse eines höchstpersönlichen Fühlens und Denkens, teilweise in sich den Widerspruch tragend: im Kern kreisen sie um das komplizierte Verhältnis der Geschlechter, von Mann und Frau: Bekenntnisse zur Liebe und gleichzeitig Ausdruck der Angst vor der dauernden Bindung, unbedingte Hingabe im Akt der Liebe doch mit dem Vorbehalt, sich nicht selbst aus der Hand zu geben.

Dies wird dargestellt in Versen von eindrucksvoller Sinnlichkeit bei gleichzeitiger rationaler Analyse der Gefühle, in traditioneller Metaphorik teilweise, aber mit gewollten Brüchen im Stil und in der  Atmosphäre Liebe als Vereinigung des (eigentlich) Unvereinbaren, als (wärmende und verzehrende)Flamme.

Aber das ist nur die eine Seite — die Erkenntnis, die J.W. Lenzen vor allem weitergeben will, heißt “Das Leben findet heute statt nicht gestern oder morgen“.

leider vergriffen